Raus aus dem Impostor Syndrom – mit diesen Strategien

Wie kann das sein? Da ist diese hochqualifizierte, erfolgreiche Kollegin, die immer wieder mit ihren tollen Projekten punktet und gutes Geld verdient. Wenn du sie dann fragst, wie das alles schafft, hörst du sowas wie „Alles nur Glück!“ oder „So toll bin wirklich ich nicht. Mein Team hat das alles geschafft.“

Das ist leider oft nicht nur Bescheidenheit. Diese Frau sieht die Welt ganz anders als du und steht permanent unter Strom, weil sie sich vor der nächsten Herausforderung fürchtet. Sie leidet unter dem Impostor-Syndrom. Was das ist und wie man es erfolgreich auschaltet, erfährst du gleich hier.

Impostor – was ist das?

Manche Menschen erleben ihre eigene Kompetenz ganz anders, als ihre Umwelt sie wahrnimmt. Du siehst die erfahrene Kollegin, die alles immer hinkriegt und perfekte Arbeit liefert. Von der du nur noch lernen kannst. Sie selbst erlebt sich dagegen als inkompetent. Egal, wie oft sie Mitarbeiterin des Jahres wird, Gehaltserhöhungen bekommt, von Kunden beste Referenzen erhält. Ihr Fremdbild und ihr Selbstbild unterscheiden sich massiv. Sie glaubt nicht daran, intelligent, erfahren und gut genug ausgebildet zu sein, um diesen Job zu machen.

Deshalb hat sie auch dauernd das Gefühl, ihre Umwelt zu betrügen, sich als Hochstaplerin (englisch: impostor) nur durchzumogeln. Und so fürchtet sie auch, irgendwann aufzufliegen: Dann würde jeder merken, dass sie eigentlich an diesem Platz nichts zu suchen hat.

Wenn sie wieder mal ein Projekt mit Glanz und Gloria zuende gebracht hat, feiert sie nicht. Und kann auch kaum dein Lob akzeptieren. Auch das ist Ausdruck ihrer Weltsicht: Ihre Erfolge können nur Zufall sein, oder weil die Sache doch ganz einfach war. Und natürlich hat eigentlich das Team die ganze Arbeit gemacht. Sie wird nie das Ergebnis sich und ihrer Kompetenz zuschreiben. Diese Welt- und Selbstsicht nennt sich Impostor-Syndrom (besser: Impostor-Phänomen).

Autsch!

Wer ist anfällig für das Impostor-Phänomen?

Gerade hochqualifizierte Menschen, auch Akademikerinnen, erleben es oft. Dabei scheint es sich anders als angenommen nicht hauptsächlich um Frauen zu handeln.

Anscheinend hat das Impostor-Phänomen seine Wurzel in Kindheitserfahrungen: Wie schätzt uns unsere Familie, unser direkten Umfeld ein. Die Psychologinnen Clance und Imes erkennen zwei dafür anfällige Personengruppen:

  • Menschen, die in ihrer Familie immer als das empfindsame Kind waren, während jemand anderes als der intellektuelle Star galt. Auch wenn es diese Einschätzung seiner Person glaubte, wollte es doch durch hervorragende schulische Leistungen und später mit akademischen Ehren sich und den anderen beweisen, dass es genauso gut wie das „intelligente“ Familienmitglied war, erfuhr dafür aber nie Wertschätzung. Was ihm das sagt: Du musst dich einfach immer mehr anstrengen.
  • Im zweiten Fall vermittelt die Familie dem Kind das Gefühl, in allen Dingen einfach überragend zu sein. Alle glauben an es und unterstellen, dass es einfach alles erreichen kann, wenn es nur will. Aber schon in der Schule sammelt dieses Kind die ersten Erfahrungen mit der Realität, die zeigen, dass es eben nicht zu allem fähig ist. Und das Vertrauen in die eigene überragende Leistungsfähigkeit wankt.

Was im Erwachsenenalter bleibt, ist ein tief verwurzelter Zweifel daran, gut genug zu sein.

So vermeiden sie, nicht als Hochstapler entlarvt zu werden

Wer mit dem Impostor-Phänomen lebt, legt sich natürlich Strategien zurecht, um nicht aufzufliegen und so unfähig dazustehen, wie er sich fühlt. Dabei tut er das nicht unbedingt bewußt, sondern meint nur, so auf der sicheren Seite zu sein.

Strategie 1: Perfektionismus

Die Perfektionisten unter den selbsternannten Hochstaplern glauben fest daran, dass sie mit mehr Arbeit und einem perfekten Ergebnis nicht erwischt und enttarnt werden. Also vermeiden sie jeden möglichen Fehler und arbeiten auch unwichtige Details akribisch aus, damit man ihnen nicht auf die Schliche kommt. Sie verwenden (und verschwenden) so jede Menge Zeit auch auf die kleinste Nebensache. Und wollen es beim nächsten Mal noch besser machen. Das hört sich nach jeder Menge Stress an!

Das Tückische daran: Sie haben sogar einen gewissen Erfolg damit, weil sie ja gute Ergebnisse liefern. Und das bestätigt sie nur in der Überzeugung, sie müßten nur hart genug arbeiten, um ihre „mangelnde Qualifikation“ auszugleichen.

Strategie 2: Prokrastinieren

Andere starren auf ihre ToDos wie das Kaninchen auf die Schlange: Sie malen sich in leuchtenden Farben aus, wie übel sie versagen werden, welche Konsequenzen das für ihren Job haben wird. Deshalb tun sie erst einmal alles andere, nur nicht die wichtige Aufgabe, vor der sie sich fürchten. Sie prokrastinieren. So räumen sie lieber erstmal den Schreibtisch auf, leeren ihr Mailpostfach, schauen, was auf Insta gerade los ist. Und warten bis zum letzten Augenblick, um die Sache dann kurz vor dem Termin noch zu machen. Wenn sie sich nicht mehr vermeiden läßt. Auch das ist eine sehr belastende Situation.

Wenn das Ergebnis nicht optimal ausfällt, bestätigt sie das in ihrer Haltung. Sollten sie dennoch Erfolg mit ihrer Leistung haben, schieben sie das auf glückliche Umstände.

10 Methoden, dem Impostor Phänomen ein Ende zu bereiten

Dennoch: Man ist im Normalfall dem Problem nicht hilflos ausgeliefert. Es gibt verschiedene Strategien, um die eigene Qualifikation und Leistungsfähigkeit realistischer einzuschätzen und sich nicht dauernd selbst unter Druck zu setzen. Mit diesen Strategien und Maßnahmen machst du dem Impostor-Phänomen – und dem damit verbundenen Dauerstress – ein Ende.

  1. Mach dich schlau über das Impostor-Syndrom. Wissen ist Macht. Vielleicht erkennst du deine Gefühle und Verhaltensweisen wieder und weißt jetzt, warum du dich so unwohl fühlst. Und du siehst, dass du damit nicht alleine bist. Sehr viele, gerade hochqualifizierte Menschen haben dasselbe erlebt wie du.
  2. Sprich mit anderen darüber. Mit Menschen, denen du vertrauen kannst. Du wirst auf diesem Weg nicht nur sehen, dass sie ebenfalls mit Selbstzweifeln zu kämpfen haben (nein, du bist kein Exot, es gibt viele von uns) und wie sie damit umgehen. Noch wichtiger: Wenn du mit einer Kollegin sprichst, die deine Kompetenz einschätzen kann, bekommst du qualifiziertes Feedback, das deine Selbstwahrnehmung positiv unterstützt.
  3. Lerne, Lob und Komplimente anzunehmen. Warum sollten alle deine Arbeit super, deine Gesprächsbeiträge bereichernd und deine Ergebnisse wertvoll finden, wenn sie das nicht sind? Was hätten sie davon? Hör besonders dann genau zu, wenn es um Details geht: „Das Layout der Präsentation hast du klasse hingekriegt.“ „Ohne dein Gespräch mit dem Kunden hätten wir den Auftrag nie bekommen.“ Sind das nicht konkrete Beweise, dass du es wirklich drauf hast?
  4. Negative Überzeugungen auflösen: Das negative Selbstkonzept des Impostor-Syndroms zeigt sich gerne durch negative Selbstgespräche der Kategorie „Ich bin zu blöd dafür!“, „Das hätte ich besser machen können!“, „Mir fehlt einfach das Wissen, um es gut zu machen!“
    Stimmt das wirklich? Schau einmal kritisch auf das letzte Projekt und prüfe, ob es nicht eigentlich als Beweis des Gegenteils herhält.
  5. Erfolgstagebuch schreiben. Wenn du noch mehr Beweise für deine Kompetenz suchst, dann sammle sie einfach selbst. Wer ein Erfolgstagebuch führt, kann jeden Tag erfassen, wie er kritische Augenblicke gemeistert und gute Arbeit abgeliefert hat. Notiere da auch das Feedback deiner Umwelt zu deinen Erfolgen.
  6. Feiere deine Erfolge. Wir nehmen zu oft gute Leistungen als selbstverständlich hin. Wer sich als Hochstaplerin fühlst, vermutet Bau hier reines Glück statt eigener Erfolge. Dann feiere doch lieber jedes gute Ergebnis, bau positive Stimmung auf positive Stimmung auf und nimm wahr, wenn du etwas gut gemacht hast.
  7. Kein Vergleich mit anderen. Du bist du. Auch wenn dein Bruder der kluge Kopf der Familie war, das hat nichts mit dir zu tun. Und wenn du oft auf Social Media Kanälen unterwegs bist und dort dauernd mit Erfolgsstories und Hochglanzbildern konfrontiert bist. Bitte keine Vergleiche, denn auch bei Promis und Influencern ist auch nicht jeder Tag ein Sonntag.
  8. Shit happens: Akzeptier das für dich. Es gibt Tage, an denen es nicht so gut läuft. Das hat nichts mit deinen Fähigkeiten zu tun. Auch Weltmeister haben mal einen Durchhänger. Manchmal ist es einfach Zeit, eine Pause zu machen, um wieder zu Hochform aufzulaufen.
  9. Nobody is perfect. Fehler gehören zum Leben. Überfordere dich nicht durch unrealistische Erwartungen an deine Leistungen. Auch wenn du gerne noch eine Schippe drauflegen würdest, um alle möglichen und unmöglichen Schwachstellen deines Projekts auszuschalten: Mach dich damit vertraut, dass jede Software Fehler hat, weil es so etwas wie Perfektion nicht gibt. Nimm Fehler lieber als das nötige Feedback, um dich weiter zu entwickeln.
  10. Mein Zaubermittel für den Notfall: Was kann schlimmstenfalls passieren? Du hast an deiner Selbstwahrnehmung gearbeitet und weißt inzwischen, was du wert bist. Aber manchmal gibt es Rückschläge, Ängste tauchen wieder auf. Zm Beispiel wenn du vor einer Aufgabe stehst, die dir das Gefühl vermittelt, zu groß für deine Möglichkeiten zu sein. Obwohl du Vergleichbares schon oft erledigt hast.
    Frag dich selbst: Was könnte dir schlimmstenfalls passieren, wenn es „schiefgeht“? Wenn du mit dem Ergebnis nicht zufrieden bist? Du wirst feststellen, dass es dich den Job, den Auftrag, die Anerkennung deiner Umwelt nicht kosten kann, wenn es nicht zu 100% perfekt gelaufen ist. Nimm das wahr und entspann dich wieder.

Bild: Ryan McGuire

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