Gewohnheiten entwickeln und ändern: So wirst du produktiv
Gewohnheiten oder Habits: Wie man es auch nennt, es klingt erst einmal langweilig. Wer will schon als Gewohnheitsmensch bezeichnet werden, Opfer der vielzitierten Macht der Gewohnheit? Dabei können Deine persönlichen Gewohnheiten, Aktionen, die Du praktisch automatisch ausführst, eine mächtige Hilfe für Dein produktives Leben sein. So, wie schlechte Angewohnheiten Dich herunterziehen.
Wahrscheinlich lässt Du den Automatismus „Gewohnheit“ schon irgendwo zu Deinen Gunsten arbeiten. Oder überweist Du Deine Miete, die Gehälter Deiner Mitarbeiter noch manuell? Ich denke mal, Du hast da Daueraufträge eingerichtet. Eine Gewohnheit funktioniert genau wie ein Dauerauftrag für Dein Konto: Sie nimmt Dir Entscheidungen ab und entlastet Dich.
Warum Habits aka Gewohnheiten für Dich arbeiten
Stell Dir nur einmal vor, dass Du Dich für jede Aktion Deines Tages aktiv entscheiden müsstest: Soll ich die Kaffeemaschine anwerfen? Muss ich wirklich meinen Hund füttern? Und ist jetzt schon wieder ein erster Blick in mein Kanban-Bord nötig, bevor ich meine Arbeit starte?
Hier müßte jedesmal Dein bewußtes Denken antreten und eine Entscheidung treffen. Das kostet Dein Gehirn Energie, die es für Kreativität und Stressbewältigung besser nutzen könnte. Sobald eine dieser Tätigkeiten, die Du jeden Tag brauchst, eine Gewohnheit geworden ist, läuft sie in einem anderen Teil Deines Gehirns automatisch ab. Du hast den Kopf frei für für alles, was Dich weiterbringt.
Routinen entwickeln
Das dauert leider etwas und kostet Dich erst einmal Entschlossenheit und Energie. Gute Gewohnheiten entstehen nicht von alleine, Du musst ihnen auf die Sprünge helfen. Eine Aktion, die zur Gewohnheit werden soll, besteht aus vier Elementen:
- ein Auslöser, der Dich ganz offensichtlich auf die Sache hinweist. Sagen wir mal: Deine wichtigste Arbeit gleich als erste zu erledigen, wenn Du morgens Deine Aufgaben checkst. In diesem Fall wäre es, dass Du einen wichtigen Kunden anrufst und für ein Angebot nachhakst. Daraus soll der nächste große Auftrag werden.
- das Verlangen, es umzusetzen: Kommt leider nicht von alleine, weil die Belohnung (der Auftrag und das Geld, das er einspielen wird) noch in weiter Ferne liegen. Also versprich Dir lieber noch eine zweite kleine Belohnung, etwas, das Du gleich bekommst, wenn Du den Anruf gemacht hast. Das kann ganz einfach sein: Du darfst danach den Programmpunkt in Deiner ToDo-Liste abhaken (oder, wenn Du Dich anders organisierst, die Kanban-Karte in Done verschieben, ein Kreuz über die Aufgabe in Deinem Bullet Journal zeichnen). Oder Du bekommst den ersten Büro-Kaffee erst dann und hast ihn Dir wirklich verdient.
- der eigentlichen Aktion, die ganz leicht durchführbar sein sollte: Du schluckst die Kröte und rufst den Kunden einfach gleich morgens als erstes an. So!
- und einer Belohnung, die Dich motiviert: Dann darfst Du Dir Deine Belohnung holen und Dir selbst auf die Schulter klopfen. Was der Tag heute noch bringt, ist nichts gegen das, was Du schon erledigt hast.
Jetzt brauchst Du etwas Geduld, damit aus Deiner Aktion eine Gewohnheit wird. Die Meinungen dazu variieren zwischen 30 und 60 Tagen. Wenn Du dran bleibst und wirklich jeden Morgen Deine wichtigste Aufgabe heraussuchst und gleich umsetzt, entwickelst Du ein Gewohnheit, die danach für Dich arbeitet. Ein Dauerauftrag auf Dein Selbstmanagement. Dein Gehirn ist entlastet und Du fühlst Dich gut, weil Du priduktiv gearbeitet hast.
Wie wirst Du schlechte Gewohnheiten los?
Zuerst einmal: Schlechte Gewohnheiten sind nicht per se schlecht, sondern nur, weil sie Dich behindern. Sie stören Dich dabei, Deine Ziele zu erreichen und der Mensch zu sein, der Du sein willst. Auch dafür gibt es eine Strategie: Wenn Du eine schlechte Angewohnheit loswerden willst, setzt Du die einfach die Gewichte der vier Schritte anders:
- verstecke den Auslöser, mach ihn unsichtbar (also kein Fernseher im Schlafzimmer, wenn Du abends gerne Serien schaust und das nicht mehr willst)
- sorge dafür, dass das Verlangen, die Aktion umzusetzen, nicht attraktiv ist (weil Du zum Fernsehen aufstehen und ins Wohnzimmer oder besser in den Keller gehen musst)
- sorge auch dafür, dass die Aktion schwer durchführbar ist (Der Fernseher muss erst angeschlossen und die Fernbedienung mit Batterien gefüllt werden)
- und lass die Belohnung unbefriedigend sein (schlechtes Gefühl, weil es im Keller so unbequem ist)
Welche guten Gewohnheiten solltest Du Dir zulegen?
Das ist natürlich Deine ganz persönliche Entscheidung! Und es hängt von Deinen Lebensumständen, Deinen Zielen ab, was Du als festen Bestandteil Deines Tageslaufs aufnehmen willst. Es gibt aber ein paar Habits, die sich bewährt haben.
Einen produktiven, bewußten Start in den Tag gibt Dir eine Morgenroutine. Ob Du regelmäßig nach der ersten Tasse Kaffee meditierst oder Deine Laufschuhe schnappst und losrennst, bleibt Dir überlassen. Hauptsache, Du machst das regelmäßig und erlaubst Dir damit, gesund und wach an die Arbeit zu gehen.
Auch eine Morgenroutine für den Arbeitsbeginn hat sich bewährt: Kleine Dinge wie das bewußte Einschalten Deines Rechners, der Blick auf Deine Zielcollage, in Dein Bullet Journal oder Dein Kanban-Board zeigen Dir, dass die Arbeitszeit beginnt. Diese kleinen Rituale sorgen dafür, dass Du Deinen beruflichen Tag mit der positiven Ausrichtung auf Deine Ziele angehst und Dich darauf ausrichtest. So funktioniert Produktivität!
Auch für den Abschluss Deiner Bürozeit und Deinen Übergang vom Tag in die Nacht bewähren sich Routinen. Sie sorgen dafür, dass Du nichts Wichtigen vergisst (Schreibtisch aufräumen, Zähne putzen, Handy ausschalten) und dass Du einen definierten Schritt von einem in den anderen Bereich tust. Gerade in Zeiten, wo Arbeitnehmer und Selbständige eigentlich rund um die Uhr erreichbar sein „sollten“, ist es wichtig, Grenzen zu ziehen und zur Ruhe zu kommen.
Don’t break the chain
Was passiert, wenn Du es doch heute nicht geschafft hast, morgens Laufen zu gehen? Wenn Du im Büro doch lieber erst einmal Dein E-Mails gelesen hast, statt Deinen wichtigsten Kunden nach dem Auftrag zu fragen? OK, heute hat es nicht geklappt. Aber das bedeutet nicht, dass Du auf der ganzen Linie versagt hast und Deine Gewohnheit nicht etablieren kannst. Einmal ist wirklich keinmal.
Hier meldet sich gerne mal eine innere Stimme mit Deinen negativen Glaubenssätzen: „Ich habe keine Selbstdisziplin“, „Ich schaffe das sowieso nicht“, „Ich bin zu schwach, zu dumm“. Hör nicht auf sie, weil sie nicht produktiv sind. Es geht auch anders.
Für morgen (wirklich morgen, nicht irgendwann) solltest Du Dir einen kleinen Helfer suchen. Er heißt „Don’t break the chain“. Unterbrich die Aktionskette nicht. Wenn Du heute Deine Gewohnheit nicht bei ihrem Entstehen unterstützen konntest: Mach morgen einen Termin mit Dir selbst dafür. Trag ihn in Dein Bullet Journal, Deinen Terminkalender oder Deine ToDo-Liste ein. Lass Deine Aktion nicht noch einmal ausfallen, damit die Kette nicht unterbrochen wird.
Wenn es wirklich nicht so klappt, wie Du es geplant hattest: Gib nicht auf. Vielleicht bist Du krank geworden und konntest nicht laufen gehen. Oder Dein AB hat morgens schon so heftig geblinkt, dass Du Deine Anrufer nicht allein lassen wolltest. Bleib trotzdem dran und sorge dafür, dass es eine Ausnahme bleibt. Kein Grund, Dich schwach oder schlecht zu fühlen – wenn Du morgen konsequent an Deiner neuen Gewohnheit arbeitest und Dich nicht noch einmal aus dem Tritt bringen lässt.
Ok, Ok, Du hast die Kette mehrfach durchbrochen. Das passiert den Besten unter uns. Auch das ist kein Grund, aufzugeben. Dann mach einen Schritt zurück und frage Dich
- ob Dir die neue Gewohnheit wirklich wichtig ist
- was Dich gehindert hat, sie aufzubauen
- und wie Du weitermachst
Wenn Du nicht wirklich zu Deiner neuen Gewohnheit stehst, weil Du nicht siehst, wie sie Dich Deinem Ziel näher bringt: Entscheide Dich einmal gegen sie, statt jeden Tag neu entscheiden zu müssen. Verabschiede Dich davon.
Wenn Du jetzt aber immer noch weißt, dass Deine neue Gewohnheit auf Dein Ziel einzahlt, bleib dabei. Und überprüfe erst einmal, warum Du sie nicht etablieren kannst.
- es kommt immer etwas dazwischen: Frag Dich, ob Du Deine neue Gewohnheit wirklich brauchst, ober etwas anderes wichtiger ist.
- vielleicht hast Du zu viel gewollt? Geht es nicht eine Nummer kleiner? Statt Marathon einfach 4km joggen? Oder die Kröte des Tages erst schlucken, wenn Du Dich mit etwas Kleinkram aufgewärmt hast?
- oder hast Du einfach die falsche Baustelle aufgemacht? Es muss nicht gleich der Premium-Online-Kurs sein, den Du morgens gestaltest. Vielleicht investierst Du Deine stille Stunde in ein anderes Produkt, das näher liegt? Ein Newsletter?
Überprüfe Deine Absichten auf dem Weg zur neuen Gewohnheit. Wenn alles passt, bleib dran! Wenn nicht: Entscheide Dich neu.
Bild: StockSnap auf Pixabay
Danke für den Artikel! Den lege ich mir jetzt 1x im Monat auf Wiedervorlage, um mich dran zu erinnern 🙂
Ein hilfreiche Routine finde ich den „10 Uhr Club“. Wenn man beitgetreten ist, verpflichtet man sich, morgens vor 10 Uhr mindestens eine unangenehme Aufgabe zu erledigen. Das gibt einen super guten Boost für den Tag, weil man schon eine Hürde genommen und etwas „doofes“ erledigt hat.
Ja, wenn Du Unterstützung von anderen hast, die dasselbe Problem haben, ist das immer hilfreich. Man unterstützt sich gegenseitig, eine gemeinsame Verpflichtung einzugehen und zu befolgen. Um 10 Uhr schluckt Ihr dann wohl die sprichwörtliche Kröte: https://produktiv-sein.de/produktivitaets-lexikon/e/ Danach kann der Tag nur noch besser werden.
Auch sonst ist es gut, wenn man sich in Mastermind-Gruppen, WOL-Zirkeln und Ähnlichem organisiert, um immer am Ball zu bleiben. Allei n klappen viele Vorhaben einfach nicht.