Planungsfehlschlüsse

Planungsfehlschluss: Projekte realistisch kalkulieren

Wir alle kennen die Geschichte von Großprojekten wie der Elbphilharmonie in Hamburg oder der LKW-Maut mit Toll Collect: Viel später fertig als gedacht, viel teurer als geplant. Solche kostspieligen, zeitaufwändigen Fehler passieren aber nicht nur den Großen. Auch Selbständige und kleine Unternehmerinnen fallen dem Planungsfehlschluss zum Opfer.

Planungsfehlschluss? Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann prägte diesen Begriff, um psychologisch begründete Denkfehler bei der Projektplanung zu beschreiben. Zeitbudget und Kosten laufen so schnell aus dem Ruder. Weil wir Informationen vernachlässigen und zu optimistisch sind.

Innensicht vs. Außensicht

Kahnemann und sein Team planten, ein Lehrbuch herauszugeben. Aber wann sollte es fertig sein? Er bat die Teammitglieder um ihre Schätzungen. Jedes Mitglied gab seine Schätzung schriftlich ab, um durch eine öffentliche Diskussion nicht andere zu beeinflussen. Eigentlich schon eine gute Vorsichtsmaßnahme, um unabhängige Daten zu erhalten. Das Ergebnis war recht einheitlich: In zwei Jahren könnte das Buch fertig sein.

Das war die Innensicht: Alle Mitglieder schrieben auf, wie sie die Lage aus ihrem Blickwinkel einschätzten. Kahnemann holte sich jetzt als Korrektiv statistische Daten über ähnliche Projekte. Wie lange dauert es erfahrungsgemäß, bis ein Fachbuch wirklich fertig ist? Ein Team-Mitglied, das diese Informationen verfügbar hatte, kam zu ganz anderen Ergebnissen, als sie alle so aus dem Bauch heraus geschätzt hatten: Eher 7-10 Jahre für das Buch und eine 40prozentige Chance, dass das Projekt scheitert. Soweit die Außensicht, will sagen: Verfügbare Daten aus anderen Quellen, die aber gerne zu Gunsten der gefühlten Zeitplanung übersehen oder übergangen werden.

Warum kommt es oft zu Planungsfehlschlüssen?

Kahnemann musste erleben, dass die kritische, aber zutreffende Betrachtung seines Buchprojekts ausgerechnet von einem Mitglied seines Teams kam, das es vorher auch auf 2 Jahre geschätzt hatte. Was war da passiert?

Das Teammitglied, das sich mit den ungünstigen Statistiken zu anderen Buchprojekten auskannte, hat dieses Wissen einfach beiseite geschoben und für das eigene Buch viel optimistischer gedacht. Das Wissen war also da, wurde aber nicht ausgewertet. Informationen über die Basisklasse des Projekttyps (hier also komplexe Handbuchvorhaben, die im Team umgesetzt werden) wären von allen Teilnehmern zu beschaffen gewesen, aber man hat darauf verzichtet.

Was macht das mit unseren Projekten?

Da lockt ein Kundenauftrag oder wir haben die Idee für ein neues Produkt, die neue Unternehmenswebsite, das eigene Haus. Und dann es ist einfach zu verführerisch, sich dem Optimismus zu verschreiben und von unserem Projekt in der besten aller Welten auszugehen. Das müsste doch in X Jahren mit Y Kosten zu schaffen sein. Woher nehmen wir diese Prognosen?

Meist ist es das reine Bauchgefühl, und wir müssten nur in der eigenen Erfahrung kramen, um es besser zu wissen. Das gilt besonders für Kundenprojekte und alles, was wir schon einmal getan haben. Frag dich also:

  • Wie lange hat das letzte Kundenprojekt in diesem Umfang, mit vergleichbaren Anforderungen etwa gedauert?
  • war deine damalige Kalkulation zutreffend?
  • war sie wenigstens kostendeckend?
  • hat das Projekt Gewinn gebracht oder hat es doch das Zeitbudget überschritten?

Oder im Fall einer Projektes, mit dem du dein Business voran bringen willst, z.B. dem Relaunch deiner Website

  • wie lange hat damals es gedauert, deine erste Website zu erstellen?
  • was hat sie gekostet?
  • welche Zeit musstest du selbst investieren?
  • wo musstest du zusätzliche Leistungen beauftragen?

Soweit zu Kundenaufträgen und eigenen Projekten. Hier dürftest du gewisse Erfahrungswerte haben. Ein Haus baut man aber meist nur einmal im Leben. Da tust du gut daran, dich bei Freunden, Kollegen oder bei Statistiken zu informieren, wie du das Projekt einschätzen solltest. Je genauer sich die Projekte mit deinem aktuellen Vorhaben vergleichen lassen, desto besser kannst du die Erfahrungswerte darauf übertragen.

Kahnemann meint, dass man mit drei einfachen Schritten zu besseren Schätzungen kommt:

  1. Identifiziere eine Referenzklasse, also z.B. neue Website oder Kundenauftrag Marketingkonzept für kleines Unternehmen
  2. verschaffe dir Daten zu dieser Referenzklasse (aus eigener Erfahrung oder statistischen Quellen, die z.B. Kosten oder Dauer einer durchschnittlichen Website ausweisen) und stelle daraus eine Basisprognose, eine Zeit- oder Budgetschätzung für dein Projekt
  3. arbeite dann die spezifischen Informationen über das neue Projekt ein und korrigiere damit die Basisprognose.

Das kann manchmal dazu führen, dass du einen Auftrag nicht annimmst, weil deine Erfahrung dir sagt, dass du ihn in der verfügbaren Zeit nicht schaffen kannst. Oder dass das Budget zu niedrig ist. Auf jeden Fall hast du so eine gesunde Basis, um Projekte realistisch einzuschätzen und dich nicht durch zu viel Optimismus in Probleme zu bringen.

Noch zwei Extra-Tipps in Sachen Planungsfehlschlüsse

Erstens: Wenn du auch mal so ein Projekt am Laufen hast, das einfach nicht enden will und vom Budget her jenseits von gut und böse ist: halte dich an die Statistik. Sie sagt z.B., dass 46% aller IT-Projekte kein Erfolg sind, 20% sogar ein totales Ausfall. Wenn du Anlass zur Befürchtung hast, dass dein Projekt, dein Kundenauftrag auch auf die Katastrophe zu läuft, mach dem – wenn möglich – ein Ende. Es bringt nichts, ein totes Pferd zu reiten.

Zweitens: Kleinvieh macht auch Mist. Will sagen: Auch einfache oder gleichartige Tätigkeiten können aus dem Ruder laufen, in dem man ihnen zu viel Zeit widmet. Die man an anderer Stelle besser brauchen könnte. Also führe mal für ein oder zwei Wochen ein Zeittagebuch. Da bekommst du dann belastbare Daten, wie lange immer wieder auftretende Tätigkeiten wirklich brauchen:

  • Vorbereitung der Buchhaltung
  • Hausaufgabenbetreuung der Kinder
  • Blogartikel schreiben ;)
  • Rechnungen verschicken

Und du kannst deinen Aufwand überprüfen: Muss es wirklich so lange sein? Kann ich mit Bündelung der Aufgaben Zeit sparen? Oder mir mit der Timeboxing-Technik einfach einen zeitlichen Rahmen dafür setzen? Hier gibt es sinnvolles Optimierungspotenzial für dich!

Bild: Free-Photos auf pixabay

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